«Dampf ablassen – fair bleiben»

Neben Glück, Freude und Zufriedenheit gehören auch Frust, Wut und Verzweiflung zum Leben. Wenn sich negativen Emotionen anstauen, kann dies zu Problemen im Alltag führen. Daraus können ernsthafte psychische Krisen entstehen. Darum ist es wichtig, seine Gefühle ernst zu nehmen, Wege zu finden, diese Emotionen zu bündeln und abzubauen, Dampf abzulassen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. www.hol-dir-hilfe.ch 

Manchmal wird alles zu viel: junge Erwachsene erzählen

Es gibt Momente, da ist einfach alles zu viel: Schwierigkeiten in der Familie, mit Freunden, Stress im Alltag, Frust in der Schule oder im Job. Dazu kommt, dass sich junge Menschen von der Gesellschaft oft missverstanden und nicht gehört fühlen. Frust, Verzweiflung, Angst und auch Wut machen sich breit, bis der innere Druck zu gross wird. Die Emotionen müssen raus – man muss Dampf ablassen, sich Luft verschaffen.

Drei Schülerinnen der FMS Klasse des Gymnasiums Neufeld erzählen, in welchen Situationen sie Frust und Wut erlebt haben, wie sie darauf reagiert haben, was danach in ihnen vorgegangen ist und was ihnen hilft, im Alltag Dampf abzulassen und belastende Emotionen abzubauen.

Stella

«Ich wurde von meinem damaligen Freund mit einer Kollegin hintergangen. Als ich davon erfahren habe, spürte ich, wie das Adrenalin in mir hochschoss. Ich ging auf diese Kollegin zu und schlug ihr mitten ins Gesicht. Als ich auf sie zuging hatte ich ein grosses Durcheinander im Kopf, danach fühlte ich mich erleichtert und erlöst, auch wenn es die Probleme nicht gelöst hat. Ich konnte mich rächen. Es war jedoch sehr schade, dass der Streit sehr lange andauerte und wir das erst ein Jahr später klären konnten. Ansonsten hilft mir schwimmen, um Dampf abzulassen. Auch mein Tagebuch hilft mir sehr. Dort schreibe ich meine Emotionen auf, mache Listen von Situationen, die ich erlebt habe. Wenn ich die Texte dann wieder durchlese, wird mir klar, wie ich die Probleme lösen und wie ich mich beruhigen kann und sehe manchmal, dass etwas ja gar nicht so schlimm ist, wie ich es damals empfunden habe.»

Mila

«Es sind nicht äussere Faktoren, die mich frustrieren oder wütend machen, sondern ich selbst. Ich bin sehr selbstkritisch und setze mir oft sehr hohe Ziele. Wenn ich diese Ziele dann nicht vollständig erreichen kann, habe ich das Gefühl, dass ich nicht gut genug bin. Ich rede mir dann ein, was ich alles falsch gemacht habe und warte schon auf die nächste Situation, in der ich mir wieder selbst sagen kann, wie schlecht ich bin. Das macht mich sehr traurig und mein Selbstwertgefühl leidet darunter. Wenn Menschen, die mir nahestehen, dann zu mir kommen und mit mir reden wollen, um mir zu helfen, dabei aber übersehen, dass ich in dem Moment nicht reden kann oder will, werde ich böse und ausfällig. Ich fühle mich danach noch schlechter, weil ich weiss, dass ich zu weit gegangen bin, und das tut weh. Ich kann aber nicht anders, weil ich es in dem Moment, in dem es mir schlecht geht, brauche, dass es jemandem, den ich gerne habe, auch schlecht geht. Ich habe Boxen ausprobiert, um Dampf abzulassen. Die Aggressionen konnte ich so abbauen, aber die Trauer ist geblieben. Ich habe mir dann professionelle Hilfe geholt und jemand zum Reden gefunden, der mich nicht verurteilt und der mir zuhört.»

Maximina

«Viele kleine Situationen, die sich kumulieren, führen bei mir zu Wut und Frust: Stress in der Schule, Unverständnis von Lehrern und auch Zukunftsängste. Ich frage mich dann, was wird aus mir? Alle anderen wissen das und ich nicht – das frustriert mich und es wird dann alles zu viel. In solchen Momenten fühle ich mich hilflos und traurig. Dann passiert es auch, dass sich kleine Dinge zu etwas Grossem aufbauschen. Ich muss dann manchmal weinen oder werde wütend und lasse meine Wut an jemand anderem aus. Das ich dies gemacht habe, merke ich oft erst später und fühle mich danach noch schlechter. In diesen Momenten hilft es mir, wenn ich mit meinen Freunden über alles reden kann. Sie haben solche Situationen vielleicht auch schon erlebt und können mich verstehen. Das tut gut.»

Wut und Frust – was tun?

Gefühle und Emotionen wie Wut, Frust, Stress und Enttäuschung gehören zum Alltag dazu. Sie sind wichtig und zeigen, dass etwas nicht stimmt.

Oft fällt es jedoch schwer, diese negativen Emotionen richtig wahrzunehmen und einzuordnen. Sie werden unterdrückt, bis zu dem Moment, in dem alles zu viel wird. Simon Egli ist Oberarzt der Soteria Bern und gibt nachstehend ein paar Tipps, wie man im Alltag Dampf ablassen und mit negativen Gefühlen umgehen kann, damit sich diese nicht anstauen und zu Problemen im Alltag führen.

Rede über Situationen, die Wut und Frust auslösen, möglichst bald. Wenn sich negative Emotionen lange aufstauen, brechen sie oft unkontrolliert, heftig und im falschen Moment hervor.

Wenn Emotionen hochkochen, führen schnelle und unüberlegte Reaktionen rasch zu seelischen Verletzungen von anderen. Du verwendest vielleicht Worte, welche du später teilweise bereust.

Bei Wut und Frust ist es oft sinnvoll, zuerst mit Sport oder mit Entspannungsübungen zu versuchen, Dampf abzulassen. Im entspannten Zustand lassen sich Konflikte und schwierige Situationen oft besser klären.

Manchmal kann es aber auch besser sein, die Emotionen gleich in der Situation rauszulassen. In diesen Momenten lohnt es sich, möglichst Ich-Botschaften zu verwenden (z.B. „Ich bin gerade extrem wütend, da ich mich nicht verstanden fühle!“).

Alle können Zielscheibe von angestautem Frust werden, oft trifft es dabei die Schwächeren einer Gruppe. In solchen Situationen ist es sinnvoll, sich Hilfe zu holen, vor allem, wenn dies mehrfach oder längerfristig vorkommt.

Grössere Probleme – was tun?

Wut und Frust können kurzfristig gut abgebaut werden. Manchmal verstecken sich dahinter grössere Probleme, die gelöst werden sollten. Was tun bei grösseren Problemen? Dies sind die Tipps der FMS-Klasse des Gymnasiums Neufeld: